Wie läuft ein strukturiertes Interview im Vorstellungsgespräch ab? Und welche Fragen werden von Recruitern dabei gestellt? Alle Infos und Tipps zur Interviewführung gibt es hier.
Wie läuft ein strukturiertes Interview im Vorstellungsgespräch ab? Und welche Fragen werden von Recruitern dabei gestellt? Alle Infos und Tipps zur Interviewführung gibt es hier.
Ein strukturiertes Interview, oft auch standardisiertes Interview genannt, folgt einem festen Ablauf und wird anhand eines vorher erstellten Fragenkatalogs gehalten. Dieser umfasst zielgerichtete Fragen, die auf das Stellenprofil und die geforderten Kompetenzen zugeschnitten sind. Der einmal erarbeitete Fragenkatalog wird bspw. mit Office-Anwendungen digital erstellt und für die Personaler im Unternehmen zugänglich gespeichert. So kann er für alle Kandidaten, die sich auf die Stelle beworben haben, angewandt werden. Im Anschluss können die Bewerber miteinander verglichen werden.
Es gibt auch teilstrukturierte Interviews (auch halbstrukturierte Interviews genannt). Bei diesen bietet ein Leitfaden zwar ein Grundgerüst mit vorab formulierten Fragen, der Recruiter kann aber auch in einem gewissen Grad von ihnen abweichen.
Im Unterschied zu dieser Vorgehensweise gibt es das freie Interview. Hier gibt es keinen festgelegten, systematischen Fragenkatalog, sondern es werden vor allem spontan Fragen gestellt. Dadurch kann es vorkommen, dass jeder Bewerber andere Fragen gestellt bekommt. Entsprechend wird die Auswertung der Gespräche eher nach dem Bauchgefühl der Personaler getroffen.
Ein strukturiertes bzw. standardisiertes Interview lässt sich üblicherweise in die folgenden fünf Phasen unterteilen:
1.Begrüßung – Der Einstieg in das Interview erfolgt in der Regel durch Smalltalk. Recruiter stellen hier Fragen wie „Haben Sie unser Büro schnell gefunden?“ oder „Hatten Sie eine angenehme Anreise?“.
2.Kennenlernen – Die Personaler stellen nun das Unternehmen vor und erläutern ggf. Details zum ausgeschriebenen Stellenangebot.
3.Selbstpräsentation – Nun ist der Kandidat dran, etwas über sich zu erzählen. Auch dieser Teil kann mit dem Fragenkatalog gelenkt werden, bspw. mit biographischen Fragen.
4.Diagnostik – in dieser Phase werden Fragen zu den relevanten Kompetenzbereichen gestellt, bspw. zu fachlicher Kompetenz, sozialer Kompetenz, Motivation und Arbeitsverhalten.
5.Rückfragen – Das Interview neigt sich dem Ende zu, nun ist die Gelegenheit für den Kandidaten, Rückfragen zu stellen.
Zum Abschluss klären die Personaler häufig noch darüber auf, wie der Auswahlprozess nun weitergeht und bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Außerdem wird gerne die Möglichkeit offeriert, bei weiteren Fragen Kontakt aufzunehmen.
Standardisierte Interviews können unterschiedliche Schwerpunkte haben.
Die folgenden Formen sind besonders verbreitet:
Diese Interview-Art ist biographisch orientiert. Kritische Situationen im Lebenslauf werden abgefragt, was dafür sorgt, dass der Kandidat nicht nur Lehrbuchwissen aufsagt oder auswendig gelernte Musterantworten gibt. Ziel ist es, bisheriges Verhalten mit dem Anforderungsprofil für die Stelle abzugleichen.
Diese Form ähnelt dem BDI, ist aber tiefergehender und umfassender. Die berufliche Vergangenheit des Bewerbers wird auch hier vorrangig anhand des Lebenslaufs durchleuchtet. Seine Biografie wird dabei eingehend hinterfragt, bspw. durch Fragen wie „Was haben Sie aus dieser Situation für Schlüsse gezogen?“ oder „Was würden Sie anders machen, wenn Sie nochmal mit dieser Herausforderung konfrontiert wären?“.
Im situativen Interview muss sich der Kandidat mit einer vorgegebenen, fiktiven Situation auseinandersetzen. Es zielt darauf ab, herauszufinden, wie der Bewerber sich in diesem konkreten Problemfall verhalten und wie er ihn lösen würde. Im Unterschied zu BDI und BI ist das SI also zukunftsorientiert. Alle Kandidaten werden dabei mit derselben konstruierten Situation konfrontiert.
Diese Interview-Art kombiniert mehrere Ansätze und erfolgt üblicherweise in den acht Phasen
In der Regel werden alle Phasen außer Gesprächsbeginn, Informationen über die Tätigkeit und Gesprächsabschluss (diese drei dienen vorrangig der Information des Kandidaten) vom Personaler bewertet.
Klar, jeder Fragenkatalog ist anders aufgebaut. Er wird vom Personaler individuell festgelegt und auf die zu besetzende Stelle ausgerichtet. Aber es gibt ein paar typische Fragen, die – unabhängig von Branche und Jobposition – häufig vorkommen.
Belastbarkeit
Teamfähigkeit
Persönlichkeit
Kreativität
Kritikfähigkeit
Motivation
Mit diesen Recruiting-Fragen für ein strukturiertes Bewerbungsinterview lässt sich mehr über Soft Skills und erworbene Kompetenzen der Kandidaten erfahren.
No-Gos beim Bewerbungsgespräch-Interview sind Fragen, die das Persönlichkeitsrecht des Kandidaten verletzen und nichts mit der Arbeit zu tun haben, bspw. zur politischen Einstellung, Religion, Weltanschauung, sexueller Orientierung, Kinderwunsch, ethnischer Zugehörigkeit etc.
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Für ein strukturiertes Interview im öffentlichen Dienst sind die Fragen ähnlich wie bei den genannten Beispielen. Neben Standardfragen wie „Wo sehen Sie sich in drei Jahren?“ oder „Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“ können hier aber auch ein paar spezifischere Fragen gestellt werden. Zum Beispiel „Warum haben Sie sich für eine Stelle im Öffentlichen Dienst entschieden?“ oder „Warum möchten Sie genau für unsere Behörde arbeiten?“. Häufig sind Stellen im Staatsdienst mit Verwaltungsaufgaben verbunden – daher fallen oft Fragen, die darauf abzielen, wie organisiert der Kandidat ist.
Anders als bei Stellen in der Privatwirtschaft, sind die Gehälter hier bspw. durch Tarifverträge dem Bewerber oft schon bekannt. Das Thema Lohn kommt beim Interview entsprechend selten zur Sprache – es entfallen auch Fragen in die Richtung „Wie sind Ihre Gehaltsvorstellungen?“.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Vorstellungsgespräch mit Struktur und Fragenkatalog zahlreiche Vorteile gegenüber freien Interviews bietet.
Vorteile: Der Fragenkatalog erleichtert eine neutrale, objektive Bewertung der Kandidaten und sorgt für eine gewisse Chancengleichheit. Subjektive Eindrücke des Recruiters fließen weniger in die Entscheidung ein, wodurch insgesamt mehr Fairness gegeben ist. Zudem lassen sich die Bewerber einfacher vergleichen, weil sie alle dieselben Fragen beantworten. Dadurch kann eine passgenauere Auswahl getroffen werden.
Nachteile: Bei strukturierten Interviews besteht die Gefahr, dass der Fragenkatalog schematisch abgearbeitet wird. Dadurch entwickeln sich selten oder gar nicht spontane Dialoge und das Ganze hat eher Verhör-Charakter. Auf die persönliche Seite und individuelle Aspekte des Kandidaten wird kaum eingegangen, wodurch sich auch weder Sympathie noch Antipathie wirklich herauskristallisieren können.
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(Quelle Titelbild: Shutterstock.com – baranq)