Mit Guerilla Recruiting können Unternehmen durch überraschende und kreative Aktionen Kandidaten auf sich aufmerksam machen. Beispiele, Definitionen und Tipps für diese innovative Personalbeschaffungs-Strategie finden Sie hier.
Im Wettbewerb um passendes Personal ist im Recruiting immer mehr Kreativität gefragt. Um die Aufmerksamkeit der Kandidaten zu gewinnen, ist das sogenannte „Guerilla Recruiting“ eine effiziente Maßnahme. Wir stellen diese Strategie vor und zeigen, wie Recruiter zu echten Marketing-Guerillas werden.
Der Begriff Guerilla Recruiting ist einer Kriegstaktik entlehnt. Beim Guerilla-Kampf geht es darum, einen scheinbar übermächtigen Feind unerwartet anzugreifen, sodass diesem keine Möglichkeit bleibt, sich zu verteidigen.
Diese „Überraschungseffekt“-Taktik meint übertragen auf das Recruiting: Mit ungewöhnlichen Mitteln besonders viel Aufmerksamkeit bei den Kandidaten erreichen.
Bevor diese Maßnahmen für die Personalbeschaffung adaptiert wurden, kamen sie vor allem im Marketing zum Einsatz. Mit kostengünstigen, aber ungewöhnlichen Werbeaktionen werden große Werbeeffekte erzielt.
Typisch für das Guerilla Recruiting sind diese Merkmale:
Wenn es gelingt, Kandidaten auf kreative Weise zu „überrumpeln“, dann erreicht die Maßnahme wie von allein auch weitere potenzielle Talente. Denn außergewöhnliche Aktionen werden gerne in Sozialen Medien geteilt und weitererzählt.
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Es gibt unterschiedliche Varianten und Vorgehensweisen, um die Aufmerksamkeit von Kandidaten zu gewinnen. Die verbreitetsten Formen werden im Folgenden vorgestellt.
Jeder kennt das trojanische Pferd aus der griechischen Mythologie: Im Inneren des Holzpferdes waren Soldaten versteckt. Durch diese Tarnung gelangten sie durch die Stadttore Trojas und konnten das feindliche Heer überlisten. Beim Trojanischen Recruiting geht es entsprechend darum, durch harmlos getarnte Werbeaktionen potenzielle Talente eines Wettbewerbers zu erreichen.
Beim Tribal Recruiting werden gezielt Schlüsselpersonen für eine Stelle angeworben – vorrangig Führungskräfte. Doch diese sollen nicht allein kommen, sondern ihre „besten Leute“ mitbringen.
Diese Maßnahme ist dann sinnvoll, wenn mehrere Positionen gleichzeitig besetzt bzw. ein komplett neues Team aufgestellt werden soll. So wird das bereits eingespielte Team aus einem anderen Unternehmen in das eigene geholt.
Der Erfolg dieser Maßnahme hängt oft stark davon ab, wie stark die Mitarbeiter des Wettbewerbers an ihren Arbeitgeber gebunden sind.
Virales Recruiting verfolgt das Ziel, ein Jobangebot exponentiell zu verbreiten – vorrangig über das Internet. Auch dabei wird auf ungewöhnliche und kreative Botschaften gesetzt, die regelrecht dazu einladen, geteilt und weiterverschickt zu werden.
Beim Conspiracy Recruiting treffen sich Arbeitgeber und potenzielle Kandidaten, ohne dass die Anwerbung dabei im Mittelpunkt steht. Vielmehr geht es um gegenseitiges Kennenlernen und Informationsaustausch. Später kann sich daraus dann aber ein Arbeitsverhältnis ergeben. Durch gezielte „Kennlerntreffen“ mit Kandidaten aus Konkurrenzunternehmen können diese letztlich abgeworben werden, ohne dass wirklich aktive und schon gar nicht aggressive Abwerbung stattfand.
Es gibt zahlreiche Medienformate, die im direkten Freizeitumfeld einer bestimmten Zielgruppe vorzufinden sind. Diese können mit kreativen Bewerbungsaufforderungen versehen werden. So zum Beispiel Poster, Verpackungen, Servietten u. v. m.
Wie gutes Guerilla Recruiting aussehen kann, haben bereits einige Unternehmen in der Vergangenheit gezeigt.
Hier sind 3 gelungene Beispiele:
So zum Beispiel die Werbeagentur Scholz&Friends mit ihrer Pizza Digitale. Bei dieser Aktion handelte es sich um einen Mix aus Ambient und Trojan Recruiting.
Dabei hat die Agentur spezielle Pizzen über einen lokalen Hamburger Pizzaservice bei Bestellungen von konkurrierenden Unternehmen ausliefern lassen. Mit Tomatensoße wurde auf diesen Pizzen ein QR-Code gezeichnet – beim Einscannen landete man auf der Karriereseite von Scholz&Friends.
Das Werben direkt bei der Konkurrenz war für das Unternehmen ein voller Erfolg und mündete in zwölf Bewerbungsgesprächen und der Zusammenstellung von zwei neuen Digital-Teams.
Auch die Agentur Jung von Matt hat mit Guerilla Recruiting auf sich aufmerksam gemacht.
Webdesigner nutzen für Website-Entwürfe häufig Platzhalter-Texte wie „Lorem Ipsum Dolor“. Um diese zu erstellen, gibt es Blindtextgeneratoren. Ein von Jung und Matt manipulierter Generator enthielt über den tyischen „Lorem Ipsum“-Text hinaus versteckte Codezeilen. Durch diese wurde der Text nach dem Kopieren in die Designvorlage in eine Stellenausschreibung umgewandelt.
Mit Erfolg: Über 220.000 Designer kamen mit dem Jobangebot in Kontakt und ganze 14.000 besuchten daraufhin die Karriereseite von Jung von Matt. Ein gelungener Mix aus trojanischem und viralem Recruiting.
Du willst Recruiting jeden Tag neu denken? Willkommen, Du passt zu uns! Heute und morgen sind wir auf den Social Recruiting Days und freuen uns auf interessantes Networking und spannende Talks. #srd18 ##recruiter pic.twitter.com/4PSlcDP7Zh
— DB Karriere (@DBKarriere) October 29, 2018
Die Recruiting-Verantwortlichen von DB Karriere setzten auf Ambient Recruiting. Beim Besuch der HR-Konferenz „Social Recruiting Days“ machten sie mit diversen Aktionen auf sich aufmerksam, um andere Recruiter für ihr Team zu gewinnen.
Zum Einsatz kamen Werbemittel mit extrem hoher Sichtbarkeit, wie bspw. die große Werbefläche auf einem KFZ, sowie auf den Boden gesprühte Aufforderungen, sich bei DB Karriere zu bewerben.
Auf den ersten Blick wirkt das Guerilla Recruiting erstmal sehr positiv und bietet zahlreiche Vorteile. Zum Beispiel können damit nicht nur aktive, sondern auch passive Kandidaten erreicht werden. Besonders natürlich, wenn die Werbebotschaften viral gehen, aber auch wenn bspw. durch Tribal Recruiting gezielt Schlüsselfiguren in Unternehmen angesprochen und weitere Personen mitgezogen werden, die bislang gar nicht über einen Arbeitgeberwechsel nachgedacht haben.
Ein anderer Vorteil ist, dass Guerilla Recruiting ein überschaubares Budget erfordert. Pizzen belegen lassen oder einen manipulierten Blindtextgenerator erstellen – solche Aktionen kosten zwar mehr als eine Stellenanzeige zu schalten, können dafür aber deutlich effektiver sein und kosten gemessen an manch anderen Marketing- bzw. Recruiting-Maßnahmen nicht die Welt. Außerdem lassen sie sich durch mediale Begleitung für weitere Öffentlichkeitsarbeit nutzen.
Natürlich tragen kreative Recruiting-Aktionen auch zur Positionierung der Arbeitgebermarke bei, im Idealfall bei der richtigen Zielgruppe. Das Employer Branding geht quasi automatisch mit erfolgreichen Guerilla Maßnahmen einher – eine unkonventionelle Kampagne kann dem Unternehmen ein kreatives Image verpassen.
Doch neben diversen Vorteilen, gibt es natürlich auch Nachteile und Herausforderungen beim Guerilla Recruiting. Es braucht bei den Verantwortlichen ein hohes Maß an Sensibilität und Umsicht, damit die Aktionen niemanden diskriminieren, politisch korrekt sind und die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Die Maßnahmen sollen also kreativ, witzig und ungewöhnlich sein, aber zugleich gewisse Spielregeln einhalten. Dafür braucht es Fingerspitzengefühl.
Schießen Aktionen über das Ziel hinaus, kann es schnell zu Shitstorms sowie rechtlichen und anderweitigen Konsequenzen kommen.
Wichtig ist auch, dass das Guerilla Recruiting zum jeweiligen Unternehmen sowie zu dessen Werten und sonstigen Aktivitäten und Prozessen passt. Eine pfiffige, dynamische Werbeaktion passt beispielsweise nicht, wenn auf die dadurch aufmerksam gemachten Kandidaten anschließend ein eingerosteter, bürokratischer Bewerbungsprozess wartet. Auch der Einsatz von Plastik-Werbemitteln im Rahmen einer Ambient Recruiting-Aktion passt nicht zu einem Unternehmen, das sich sonst als besonders umweltfreundlich präsentiert.
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Guerilla Recruiting fetzt! Wenn die Aktionen gut umgesetzt werden, können sie mit wenig Aufwand und Budget große Erfolge erzielen. Voraussetzung ist eine gute Planung der Aktivitäten – was man kaum vermutet, da sie schließlich überraschend und dynamisch daherkommen sollen. Außerdem gilt es, Stolperfallen rund um Diskriminierung, Rechtsfragen und andere Faktoren zu umgehen.
(Quelle Titelbild: Rawpixel.com – Shutterstock.com)